KAPITEL 03

Akquise

Value, Value, Value

Was ist der Mehrwert deiner Arbeit? Diese zentrale Frage musst du dir und deinen (potenziellen) Kunden beantworten können, denn nur wer einen Mehrwert schafft, hat langfristig Erfolg. Also:

  • Spart deine Arbeit dem Kunden Geld?
  • Spart deine Lösung Zeit?
  • Schafft deine Leistung mehr Kunden, Reichweite oder Umsatz?
  • Löst du ein konkretes Problem?

Generell gilt: spart deine Leistung einem Kunden mehr Geld als deine Leistung kostet, braucht es wenig Überzeugungsarbeit.

Aber NUR, wenn der Kunde dein Produkt und dessen Wert auch versteht. In den 90ern sah man Virtual Reality als DEN großen neuen Trend – diese Technik konnte sich letztendlich aber nicht durchsetzen und auch heute ist die Branche noch eine Nische. Sprich: selbst das technisch interessanteste Produkt braucht einen dafür empfänglichen Markt.

Anbieten statt Verkaufen

Klassische Akquise ist gerade bei den ersten Aufträgen kein einfaches Thema und stößt oft auf Ablehnung, denn niemand mag das Gefühl, etwas verkauft zu bekommen. Zudem sind „Cold Calls“ in Deutschland verboten, nur wissen das viele nicht.

Entscheidet sich allerdings jemand aktiv für dein Produkt oder deine Dienstleistung, ist dies eine gute Basis für einen Auftrag und führt meist zu wertschätzenden Kooperationen.

Suche also nach Situationen, in denen der Kunde dein Produkt von sich aus gut gebrauchen kann:

  • Vernetze dich mit Freelancern, die bereits überbucht sind und das ein oder andere Projekt gegen Provision abgeben wollen.
  • Kannst du einer Agentur eine ergänzende Kompetenz bieten, die sie selbst nicht im Team haben und daher entsprechende Aufträge ablehnen müssen (Motion Design)?
  • Frage (z.B. eine Agentur) nach einer kleinen Referenz-Aufgabe oder (wenn du noch studierst) nach einem Online-Praktikum nebenher, bei dem du flexibel an Projekten mithilfst oder zuarbeitest, um zu zeigen, wo deine Kompetenzen liegen.
  • Schicke einem potentiellen Kunden (z.B.) eine Gratis-Version deiner App, um zu schauen, ob sie ihn weiterbringt und erkundige dich nach Feedback, um dein Produkt zu verbessern.
  • Erstelle ein Design für eine Website, deren Erscheinungsbild du für verbesserungswürdig hältst und schicke dies ganz unverbindlich als Teaser.
  • Organisiere ein Gespräch mit (z.B.) einem Amazon-Händler, versuche in seinem Interesse herauszufinden, wie du (Software-Entwickler) ihm mit nützlichen Tools weiterhelfen könntest.

Vor allem Agentur-Kontakte bieten langfristiges Potential, denn wer zuverlässig gute Arbeit leistet, wird auch regelmäßig gebucht. Gemäß dem amerikanischen Prinzip „do great work and be great to work with“ macht es allerdings nicht nur deine Arbeitsqualität aus, ob man dich gerne bucht (mehr dazu in dem später erscheinenden Kapitel „Kommunikation“. Melde dich jetzt an, um es als erster zu lesen!).

Automatische Akquise?

Gerade in der Anfangsphase können dir gute Agenturkontakte sogar sämtliche Akquise ersparen, denn Agenturen müssen sich ohnehin ständig um eine gute Auslastung bemühen. Nicht selten arbeiten daher viele erfolgreiche Freelancer regelmäßig für die gleiche Agentur (aber aufpassen wegen Scheinselbstständigkeit).

Über Business-Netzwerke wie LinkedIn kann man ebenfalls ohne viel Zutun für Projekte kontaktiert werden, sofern das eigene Profil relevante Kernkompetenzen der Branche abbildet und zum Profil des Suchenden passt. Aber Achtung: immer das Profil des Anfragenden überprüfen und den Namen googlen, denn nicht alle Angebote sind seriös. Versuche in diesen Netzwerken vor allem wertvolle und nicht zahlreiche Kontakte zu pflegen.

Gehst du die oben genannten Schritte clever an und lieferst nachhaltig gute Arbeit, baust du dir Schritt für Schritt ein Netzwerk von Kontakten auf, die deine Arbeit gerne und positiv weiterempfehlen. Das braucht allerdings Geduld, denn oft zahlt sich ein gelungenes Projekt erst 1-2 Jahre später durch eine Weiterempfehlung aus.

Wenn du ein öffentlich bewertbares Profil (z.B. Google Business) hast, motiviere zufriedene Kunden dazu, dir ein aussagekräftiges Review zu schreiben – je spezifischer desto besser. Solche Reviews eignen sich auch für Testimonials auf der eigenen Website, schaffen Vertrauen und Authentizität. Stelle dabei aber immer sicher, dass du nur echte und authentische Kundenstimmen (mit deren Zustimmung) nutzt.

Noch ein Tipp: informiere Kunden, Partner & Kollegen, dass, wenn sie dir ohne Akquise-Aufwand deinerseits einen Auftrag vermitteln, du 5-10% des Budgets als Provision abzugeben bereit bist.

Wenn's mal nicht passt

Am Anfang deiner Selbstständigkeit kann schnell das Gefühl entstehen, auf jeden Auftrag angewiesen zu sein. Selbst wenn dem finanziell so sein sollte, gilt es, diese Einstellung möglichst schnell abzulegen, um weiterhin sympathisch, ruhig und souverän auftreten zu können.

Kommt ein Auftrag nicht zustande, ist das nicht zwingend schlecht, sondern immer eine Chance, zu analysieren, zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Generell gilt:

  • Soll jemand deine Leistung buchen, muss er davon selbst überzeugt sein, denn nur dann wird aus einem Auftrag auch eine gute Kooperation.
  • Ist diese Basis nicht gegeben, ist es womöglich besser, der Auftrag findet nicht statt.
  • Bucht jemand dich nicht, weil er deine Leistung nicht versteht, versuche nicht, diese um so stärker zu verkaufen, sondern finde heraus, warum dein Angebot nicht attraktiv (Preis), nicht verständlich (Kommunikation) oder nicht relevant (Art des Produktes) gewesen ist.

Auch ist es in Ordnung, wenn man im ersten Kundengespräch merkt, dass man das, was der Kunde möchte, nicht liefern kann oder nicht beherrscht. Dann gibt es eigentlich nur zwei sinnvolle Optionen:

  1. Direkt ehrlich dazu zu stehen und dem Kunden dies auch zu kommunizieren, oder/und:
  2. Zu schauen, ob man mit einem kompetenten Partner den Auftrag als Teamprojekt realisieren kann.

Kunde meldet sich nicht

Was dir immer wieder mal begegnen wird: der Kunde meldet sich nicht.
Hier ein paar Szenarien, um dieses Verhalten besser zu verstehen:

  • Nach vielen guten Projekten mit einer Agentur meldet diese sich nun seit 3 Monaten nicht. Was heißt das? Erstmal gar nichts: möglicherweise gibt es gerade einfach keinen akuten Bedarf oder Auftrag. Nur weil sich der Kontakt nicht meldet, bedeutet das nicht zwingend eine Wertung, Ablehnung oder Ähnliches.
  • Nicht-Kommunikation wird aber häufig negativ empfunden. Dessen musst du dir auch bewusst sein, wenn du dich, aus welchen Gründen auch immer, länger nicht bei einem Kunden oder Partner gemeldet hast. Vor allem mitten im Auftrag ist das ein No-Go.
  • Du hast z.B. ein Angebot geschickt, bekommst aber keine Antwort. Frage in dem Fall (wenn überhaupt) nur 1x nach und auch nicht innerhalb der ersten 3 Tage, das bringt in den wenigsten Fällen etwas und erzeugt nur Druck beim Kunden. Im Regelfall, wenn ein Auftrag klappt, wird sich der Kunde sehr schnell und klar bei dir melden und den Zuschlag erteilen.
  • Wenn kein Auftrag zustande kommt bzw. der Kunde sich überhaupt nicht mehr meldet, ist der Grund selten im Angebot zu finden sondern das Erwartungsmanagement hat schon im Kundengespräch nicht gestimmt (war z.B. das Budget des Kunden nicht klar, hast du die Vision des Kunden richtig verstanden, wart ihr bezüglich der Arbeitsweisen überhaupt auf einer Wellenlänge etc.).

KEY LEARNINGS KAPITEL 03

Abschließende Zusammenfassung
  • Value: Zeit, Geld sparen? Problem lösen? Umsatz, Reichweite steigern?
  • Angebots-Kosten < geschaffener Mehrwert = überzeugend
  • Wertigkeit anbieten statt klassisches Verkaufen
  • Kunde muss von sich aus überzeugt sein
  • Agenturen = langfristiges Potential
  • „Automatische“ Akquise (Agenturen, Business-Profile, Reviews, %-Provision)
  • Keine Aufträge? Keine Panik. Souverän bleiben.
  • Auftrag kommt nicht zustande? Nicht schlimm, aber analysieren warum!
  • Kompetenz nicht vorhanden? Ehrlich sein und/oder Partner suchen.
  • Kunde meldet sich nicht:
    a) wenn man auf eine Zusage wartet: schlechtes Zeichen
    b) ohne konkreten Anlass: nicht zwingend negativ
    c) Grund nicht erkennbar: nicht zwingend negativ
  • WICHTIG: Nicht-Melden wird von Gegenseite fast immer negativ interpretiert