KAPITEL 05

Einkommen & Stundensatz

Wie verdient man Geld?

In der Schule lernt man: mache einen guten Abschluss / ein Studium, bewirb dich, bekomme einen sicheren Job.

Mal abgesehen davon, dass dieses Modell heutzutage langsam aber sicher in der Praxis nicht mehr zuverlässig funktioniert, ist ein fester Job bei weitem nicht die einzige Möglichkeit, Geld zu verdienen. Es aber gibt noch wesentlich mehr Möglichkeiten, ein dauerhaftes Einkommen aufzubauen.

Schauen wir uns die verschiedenen Möglichkeiten einmal an:

Assets

  • Aktien mit Dividende (ein gewisser %-Betrag deines Investments, jährliche Ausschüttung)
  • Privat vergebene Kredite (verleihe Geld, das du regelmäßig mit Zinsen zurückbekommst)
  • (Kleine) Immobilien vermieten (wie z.B. eine Garage, je nach Region unter 30.000 € zu kaufen)

Firmen-Anteile

  • Beteilige dich durch private Investments an kleineren Firmen & Startups gegen Geschäftsanteile und verkaufe diese Anteile wieder, wenn die Firma Erfolg hatte und im Wert gestiegen ist.
  • Eine Firmenbeteiligung ist aber auch möglich, wenn du selbst zum Gründungsteam gehörst. Anstatt eines Gehalts erhältst du prozentuale Geschäftsanteile und profitierst von den künftigen Gewinnen und der Wertsteigerung sowie einem möglichen Verkauf der Firma. Mache das aber nur mit Leuten, denen du vertraust und die herausragend in ihrem Gebiet sind.

Aktien & Investments

Disclaimer: die hier aufgeführten Punkte sind keine konkreten Handlungsempfehlungen sondern eine Zusammenstellung von Möglichkeiten, die die Autoren dieses Artikels in der Vergangenheit selbst genutzt und umgesetzt haben. Für konkrete Aktien- und Investmentgeschäfte kontaktiere einen entsprechenden Experten.

  • Kaufe Aktien einer börsennotierten Firma, die gute Bilanzen, ein solides Businessmodell, viel Cash, wenig Verschuldung und einen nicht überbewerteten Kurs (KGV < 28) aufweisen und deren Produkte du noch in 10 Jahren brauchen wirst. Manche dieser Aktien schütten ebenfalls Dividenden aus. Bei einem guten Wachstums-Unternehmen kannst du diese dann später wieder mit Gewinn verkaufen.
  • Setze dir klare Ziele bzw. Verkaufsmarken, die du einhalten wirst. Generell gilt: Verluste minimieren (z.B. ab -20%) und Gewinne laufen lassen (solange du auf den erzielten Gewinn nicht angewiesen bist und verkaufen musst).
  • Verzichte auf Day-Trading oder andere hochspekulative Investitionen, von denen du dir erhoffst, schnell reich zu werden. Wirklich erfolgreich sind in dieser Branche nur absolute Profis.
  • Kümmere dich nicht nur um eine Anlageklasse sondern „diversifiziere“ dein Portfolio. Das bedeutet beispielsweise: Aktien von Unternehmen aus verschiedenen Ländern, in verschiedenen Währungen, aber auch gänzlich andere Werte wie Rohstoffe, Sachwerte, Edelmetalle, Anleihen und dergleichen in Betracht zu ziehen.
  • Edelmetalle (wie Gold und Silber) eignen sich dabei in der Regel eher für Vermögens-Erhalt und Absicherung als zum Vermögens-Aufbau.

Sachwerte

  • Du kennst dich in einer bestimmten Sammelbranche (Sammelkarten, Collector’s Editions, Retro-Games, Sneakers, Modell-Eisenbahnen, Parfüm-Raritäten, Oldtimer, usw.) besonders gut aus und weißt, welches Produkt selten und beliebt ist?
  • Kaufe dann nicht nur für dich aus einer Sammelleidenschaft heraus entsprechende Produkte, sondern hin und wieder noch eines mehr, das du aber nicht auspackst und sicher lagerst.
  • Auf diese Weise kann man mit genug Recherche, Geduld und einem fundierten Verständnis über den analysierten Markt einiges an Wertsteigerung erzielen (vergangene Beispiele: Magickarte „Glücksrad“ aus der Beta-Edition, N64-Spiel „Conker’s Bad Fur Day“, Dark Souls 3 „Prestige Edition“).
  • Die Wertsteigerung ist aber erst dann real, wenn du auch wieder verkaufst.
  • Ein spekulatives Rest-Risiko lässt sich allerdings nie ausschließen – selbst wenn du eine Branche gut kennst (siehe Briefmarken: früher ein gutes Investment, heute nur noch wenige hochpreisige Produkte).

Provisionen

  • Provisionen lassen sich immer dann verdienen, wenn du für jemand anderen einen Verkauf abschließt. Makler nutzen beispielsweise exakt dieses Businessmodell. Das kannst du auch für dich nutzen: akquiriere Kunden/Aufträge für einen Kollegen, spare ihm damit Arbeit und stelle 10% Provision des Auftragsbudgets in Rechnung. Ein solches Geschäftsverhältnis sollte allerdings vorher vertraglich geklärt sein.
  • Auch „Affiliate“-Programme sind eine Option. „Influencer“ verdienen damit beispielsweise Geld, indem Sie Links von Sponsoren mit speziellen Rabattcodes oder Angeboten posten. Kauft jemand etwas über einen solchen Link, verdient der Influencer an dem Kauf mit.

Nutzungsrechte / Royalties

  • Nutzungsreche & Lizenzen sind eine weitere Möglichkeit, etwas dazu zu verdienen. Dieses Modell findet sich beispielsweise beim Verkauf von Stock-Materialien wie Videos, Fotos und Musik.
  • Hierfür ist die Sichtbarkeit und eindeutige thematische Verwendbarkeit deiner Arbeit essenziell, damit dieses Modell für dich funktionieren kann.

Produktverkäufe

  • Du hast eine App entwickelt? Dann reiche Sie bei verschiedenen Online-Stores für einen angemessenen Kaufpreis ein. Hat deine App Erfolg, ist dies ein äußerst gut skalierbares Modell, weil du die Entwicklungszeit nur einmalig hast aber dein Produkt nahezu unbegrenzt verkauft werden kann. Allerdings sind auch diese Markplätze überfüllt mit Angeboten, daher musst du vor allem eine Strategie zur Verbreitung und Vermarktung deiner App entwickeln.
  • Ähnlich verhält es sich (z.B.) mit dem Amazon-T-Shirt-Business: du reichst dein Design ein und Amazon übernimmt die Distribution der damit gestalteten Produkte. Gleiches Prinzip wie zuvor auch: 1x arbeiten, vielfach profitieren – allerdings auch nur bei guter Verbreitung und du verdienst natürlich nicht den Löwenanteil in diesem Modell sondern die Plattform.
  • Insofern noch besser: entwickle selbst eine Plattform, bei der du an getätigten Transaktionen mitverdienst. Das kann beispielsweise eine Plattform zum Erwerb von 3D-Modellen sein:
    • Verkäufer laden ihre 3D-Modelle hoch,
    • Profitieren dabei von der Reichweite deiner Plattform, um Käufer zu finden,
    • Du erhältst bei jedem Verkauf 5% des Kaufpreises.
  • Ein weiterer Ansatz für ‚laufende Produktverkäufe‘ ist das Konzept „Software as a Service” (SaaS) beziehungsweise monatliche Software-Abo-Modelle. Dass dieses Modell in den letzten Jahren so populär geworden ist, liegt vor allem an der hohen Lukrativität, der guten Planungssicherheit der Einkünfte und dem hohen Maß an Kundenbindung. Außerdem ist dieses Modell sehr gut skalierbar.

Stundensatz / Tagessatz

  • Das gängigste Modell für die meisten Selbstständigen ist die stundenbasierte Abrechnung. Finde deinen passenden Stundenwert heraus und berechne damit deine Angebote.
  • Wenn du Angebote lieber in Tages- anstatt in Stundensätzen rechnest: Stundensatz x 8 = Tagessatz. Beispiel für eine simple Website-Erstellung (AT = Arbeitstage):
    • 0,25 AT Design-Teaser
    • 1,0 AT fertiges Designkonzept inkl. Styleguide
    • 0,25 AT Export aller Grafikdaten zur Webprogrammierung
    • 0,25 AT Aufsetzen von Domain, Server, Datenbank für den Kunden
    • 0,5 AT Ersteinrichtung des WordPress Systems
    • 1,0 AT Umsetzung Designkonzept als WP-Template
    • 1,0 AT Erstellung von Seitentemplates für spätere Pflege
    • 0,5 AT Einbau der Inhalte des Kunden in entsprechende Templates
    • 0,5 AT zusätzliche Features wie Analytics, Maps, Kontaktformular, Spamschutz
    • 0,25 AT Deploy der Daten auf Kundenserver, Launch, Testing
    • 0,25 AT Schulung des Kunden im CMS, Projektübergabe, Abschluss
    • Insgesamt: 5,75 Arbeitstage für Design & simple Website -> netto 2.875€ (bei 500€/Tag)

Pauschalpreise

  • Paket- oder Festpreis-Angebote sind vor allem dann sinnvoll, wenn sich der Aufwand nicht exakt schätzen lässt und es sich um eine wiederkehrende Leistung handelt.
  • Bietest du beispielsweise die Erstellung von virtuellen Rundgängen an, brauchst du sicher einmal sechs und das andere Mal neun Stunden für einen solchen Auftrag.
  • Weil du dein Produkt für den Endkunden aber möglichst einfach vermarkten willst, verlangst du als Mischkalkulation stattdessen einen gleichbleibenden Paketpreis für eine 2 bis 3-Zimmer-Wohnung im Wert von 7-8 Stunden (oder 9-10 Stunden, wenn du etwas sicherer gehen möchtest und mehr Puffer brauchst).

Vergütung  nach Wertigkeit

  • Dieser Begriff ähnelt zunächst sehr dem Pauschalpreis, denn auch in diesem Fall wirst du mit einem Komplettbetrag für deine Arbeit entlohnt.
  • Das Konzept ist allerdings etwas anders, denn du berechnest den Wert eines Projektes anhand dessen, was es dem Kunden an Mehrwert liefert.
  • Ein Beispiel:
    • Du entwickelst mit 2 Partnern eine Plattform für einen Kunden, über die er seine Auto-Folien-Designs vollautomatisiert verkaufen kann.
    • Dessen Endkunde benutzt diese Plattform für die Konfiguration des Designs, die Vorschau auf seinem Auto sowie die Bestellung und Zahlungsabwicklung.
    • Dein Kunde spart sich durch die neue Plattform also sämtliche Interaktion, Beratung und Konfiguration, was ihm pro Woche eine Zeitersparnis von 10 Stunden einbringt.
    • Dein Kunde berechnet seinen Endkunden normalerweise einen Agentur-Stundensatz von 130€, das heißt, er spart mit dieser Maßnahme jede Woche Arbeitszeit im Wert von 1.300€, die er anderweitig einsetzen kann.
    • Aufs ganze Jahr gerechnet spart deine neue Plattform dem Kunden also jährlich rund 68.000€ und er plant diese Plattform mindestens 5 Jahre aktiv zu nutzen. Damit hat deine Arbeit einen unternehmerischen Mehrwert von etwa 340.000€ geschaffen.
    • Selbst wenn deine Plattform nun also Entwicklungskosten von 34.000€ produzieren sollte, refinanziert diese sich für den Kunden noch innerhalb des ersten Jahres und kostet lediglich 10% des Gesamtwertes – also trotz der zunächst hoch scheinenden Kosten ein fairer Gegenwert, den der Kunde nach dieser Rechnung auch verstehen wird.

Wie berechne ich meinen Stundensatz?

Die meisten Freelancer starten zu Anfang mit dem klassischen Stundenmodell. Das liegt auch daran, dass einige der oben genannten Modelle vorhandenes Kapital und Netzwerke voraussetzen. Für andere braucht es dagegen bereits Projekt-Erfahrung, um überhaupt eine fundierte Einschätzung für verlässliche Pauschalpreise und Wertkalkulationen abgeben zu können.

Berechnung

Hier ein Beispiel für die Berechnung deines Stundenwertes:

  • Das Jahr bietet ca. 200 aktive Arbeitstage = 1.600 Stunden
  • Selbst bei guter Auslastung werden davon aber nur 50% effektiv genutzt
  • Bleiben also 800 verfügbare Arbeitsstunden, die sich rechnen müssen.
  • Dein anvisierter Umsatz in den ersten 1 bis 2 Jahren liegt bei jährlich 50.000€.
  • Nach (grobem) Abzug der Einkommenssteuer bleiben dir etwa 36.000€ also netto 3.000€ pro Monat
  • Das mag erstmal viel klingen, aber denke daran: dein Einkommen wird schwanken und du musst alles an Ausgaben, Versicherungen, Rücklagen, Steuern und Durststrecken damit bezahlen können.

Es ergibt sich somit ein zu veranschlagender Stundensatz von 62,50€/h.
(Berechnungsgrundlage: 50.000€ Jahresumsatz/800h Arbeitsstunden, zzgl. ggf. Umsatzsteuer)

Zum Selbst-Ausrechnen:

Stundensatz (vor Steuern):

Kann ich das wirklich verlangen?

Die meisten Anfänger werden sich schwer damit tun, solch einen Stundensatz von Beginn an zu verlangen und ohne jegliche Arbeitserfahrung ist es auch schwierig, einen etablierten Preis zu verlangen.

Wenn du noch studieren solltest, wären 30€/h schon ein ganz ordentlicher Stundenlohn. Sollte deine Arbeitsqualität schon auf einem hohen Level sein (das solltest du dir allerdings extern beurteilen lassen, man überschätzt sein eigenes Können schnell), kann es durchaus sein, dass du damit bei zukünftigen Kunden zu niedrig einsteigst. Sind diese Kunden mit deiner Arbeit zufrieden, wird aber auch ein merklicher Anstieg deines Stundenpreises nach Erreichen deines ersten Abschlusses nachvollziehbar sein.

Niedrigere Preise als 25€/h solltest du nur akzeptieren, wenn dir das damit einhergehende Arbeitsverhältnis wesentliche Lernvorteile (z.B. durch einen guten Mentor, den Aufbau von wertvollen Kontakten oder dergleichen) verspricht und dies auch einhält oder zumindest ein großes Kontingent von mehreren Arbeitstagen auf einmal gebucht wird, was für dich mehr Planungssicherheit und damit einen Mehrwert bedeutet.

KEY LEARNINGS KAPITEL 05

Abschließende Zusammenfassung
  • Geld verdienen nicht nur mit herkömmlichem Job möglich sondern auch über:
    • Assets (Dividenden-Aktien, Privatkredite, Immobilien)
    • Firmen-Anteile (Anteile kaufen, selbst gründen)
    • Aktien & Investments (diversifizieren, nicht nur 1 Anlageklasse)
    • Sachwerte (Raritäten, Sammlerobjekte etc.)
    • Provisionen (erhalte Prozente von einem Verkauf oder Affiliate-Link)
    • Nutzungsreche (Stockmaterial, Lizenzen)
    • Produktverkäufe (Apps, Merchandise, Plattformen, Software-Abos)
    • Stundensatz (Jahresumsatz/800h), Tagessatz (Jahresumsatz/100 Tage)
    • Pauschalpreise (wiederkehrende/ähnliche Leistungen wie Foto-Shootings)
    • Vergütung nach Wertigkeit (Beispiel: unternehmerischer Mehrwert/10)
  • Viele beginnen erstmal stundenbasiert
  • Steige nicht zu niedrig ein aber betrachte auch deine Situation:
    • Werkstudent nach Tarif: 10-15€/h
    • Student mit ersten guten Arbeitserfahrungen: ~25€/h
    • Frisch aus dem BA-Studium im ersten Jahr: 30-50€/h
    • Abgeschlossenes MA-Studium und Referenzen: ~60-70€ h
    • Studium plus Weiterbildungen, exzellente Referenzen: 70-100€/h
    • als Agentur mit Mietverpflichtungen, Angestellten etc.: 100-150€/h
  • Niedrigere Sätze nur bei direktem Benefit (Lerneffekte, Kontakte, Kontingente)
  • Später auf Wertigkeits-basierte Modelle umsteigen, lohnt sich deutlich mehr.